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montanaberlin zeigt:

modell und wirklichkeit: die unerbittliche Pünktlichkeit des Zufalls

14.9. - 30.9.2007

Eröffnung: Freitag, 14.September 2007, 19h

Esther Horn
Richard Schütz


Malerei / Raumzeichnung / Fotografie


Entlang der vielleicht modellhaften Grenzlinie von Natur und Kultur, verläuft Identitätssu-
che und -Findung. Montanaberlin - Mitglieder Esther Horn und Richard Schütz beschäf-
tigensich wiederkehrend und in unterschiedlichen Medien mit dem Spannungsfeld von
menschlichem Lebensraum und Natur. In der ersten gemeinsamen Ausstellung der mo-
dell-und-wirklichkeit - Reihe von montanaberlin entwickeln sie neue Bilder, Metaphern
und Erkenntnisse über dieses mächtige Spannungs-feld, das auch die Polarität von Kon-
trolle - Kontrollverlust und Zufall beinhaltet.

In Esther Horns zeichnerischem und malerischen Werk erscheint auf den ersten Blick -
wie bei der Anschauung von Natur - alles zufällig anwesend. Doch diese Selbstverständ-
lichkeit des Beiläufigen trügt; aus der Distanz des ersten Eindrucks wahrgenommene
Übereinstimmungen von Ereignissen im Zusammenhang mit Objekten im Raum lösen
sich umso mehr auf, je weiter der Blick in die Szene vordringt, als würde man ein Büh-
nenbild in der Umbaupause zwischen zwei Akten betreten. Kam einem eben noch das
Sujet mit seinen Metaphern bekannt vor, verschieben sich zusehends die Proportionen
und bekannte Formen beginnen, mit dem fließenden Spiel aus Licht und Schatten zu
verschmelzen, als wäre dies ihre eigentliche Substanz; das Erkannte löst sich ein im
Erinnerten.
Esther Horn, moon-scape, 2007
Unvermittelte Zäsuren, die durch ein Raumbild schneiden, dramatisieren gleichzeitig
dessen Bildraum als drop-outs, Momente der Selbstvergessenheit. Bis ins erzähler-
ische suburbaner Alltäglichkeit hinein überlagert das Eben-noch-Erkannte das Schon-
nicht-mehr-Zugehörige; das Gegebene erweist sich als unsicherer Grund. So balancie-
ren und springen die verführten Sinne zwischen ikonografischen Fragmenten wie auf flot-
tierendem Teibgut der Imagination, die immer wieder mit Vergegenwärtigung durch An-
deutung überrascht.
Esther Horn, Poumon, 1994
Richard Schütz benutzt die Mittel der Fotografie mit einer Leichtigkeit, die die Bilder,
die er erzeugt, dem eigenen, beiläufigen Blick auf eine Situation gleichen lassen. Die
trügerische Sicherheit des banalen und alltäglichen Blicks enthält gleichzeitig eine der-
art hohe Dosis an schmerzhaft - ambivalenten Störungen dieser Banalität, das der Mo-
ment der Irritation gerade dadurch noch irritierender wird: in der Banalität erwarten wir
keine Verstörung. Schütz versteht es, inszenatorische oder andere Vorbereitungen, die zu dieser Einfachheit nötig sind, unsichtbar zu machen, bzw. derart zu thematisieren,
so dass Eines bleibt: Intuition, der erkennende Blick, das Bild.
Richard Schütz, hit the ceiling, 2003
Richard Schütz, beam me up, 2003
Wie kaum ein Zweiter thematisiert er den Blick als Orientierung, als Sinnstiftung, um
ihn gleichzeitig als vorläufig zu demaskieren. Mit traumwandlerischer Sicherheit oder
mit dem Scharfblick des Adlers auf seine Beute, stößt er auf eine Situation um sie aus
dem Fluss der Zeit und des Vergänglichen in ein Moment der Dauer zu überführen.
Auch ästhetische Eingriffe in Bildmaterial enthalten dieses ambivalente Moment von
Verstörung, Schönheit und Spiel.
Richard Schütz, Still_Inversion, 2005