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Thomas Schiela - später spielt Seymour Likely

27.10.2006 - 11.11.2006

Eröffnung Freitag, 27.Oktober 2006, 19h
Zehn Minuten Thomas Schiela special um 20:00 Uhr


Malerei


Thomas Schiela – Renaissance und Cocktailpartys oder Beliebigkeit tarnt Kalkül
Was sich auf den ersten Blick als zufällige Momentaufnahme einer Freizeitveranstaltung

ausnimmt,  ist strengkalkulierter Bildaufbau: In seinen Serien „ACJ-Party-Cocktailbar“
und „Moersfestival“ (der Name eines bekannten Jazzfestivals am Niederrhein) überträgt
Thomas Schiela Kompositionsstrukturen von Barock- oder Renaissancemalern auf Moti-
ve der Jetztzeit.
ACJ-Party-Cocktailbar, 6-03, Aquarell auf Leinwand, 135 x 200 cm, 2004

Grundlegend etwa für das Bild „ACJ-Party-Cocktailbar, 6-03“ sind die eher statischen

und architekturbezogenen Kompositionen von Renaissancemalern wie Piero della Fran-
cesca oder Domenico Ghirlandaio.  Dem Betrachter vermittelt sich ein Gefühl der dis-
tanzierten und besonnenen Betrachtung, die Gruppierung der Figuren und deren archi-
tektonische Eingebundenheit in die hausähnliche Struktur des Pavillons bilden nicht nur
Bildmotive der Renaissance nach, sondern geben auch Aufschluss über selbstgewählte
(Gesellschafts)strukturen.

Dahingegen ist „MoersFestival Pause, 5-05“ wie ein barockes Himmelsmotiv konstruiert. Wie Puttifiguren bei Tiepolo scheinen die ruhenden Menschen wellenartig auf dem Ra-

sen drapiert, die Fülle der (Menschen)formen ist ausschnitthaft begrenzt und wirkt in al-
len Richtungen über das Bildgeviert (und über das Festivalgelände) hinaus.

Spürbar wird die Bildfülle auch Raumfülle für den Betrachter, er nimmt, wie im Barock üb-

lich, keine räumlich distanzierte Position ein. Unmittelbar nimmt er teil an einer sich aus
em Format drängenden Vielheit, die zugleich mit großer Sachlichkeit eine fotografische
Momentaufnahme behauptet.
MOERSFESTIVAL Pause, 5-05, Aquarell a. Leinwand, 175 x 260 cm, 2005
Den dissonanten Zustand aus Nüchternheit und Fülle unterstützt der Maler durch kleine
Perspektiv -Verschiebungen innerhalb der Komposition, die von der fotografischen Vorla-
ge abweichen. Er setzt trickreich Bodenflächen, verlegt Personen um, drapiert Zeltpla-
nen, bis die Komposition der bis zu 175 x 260 cm großen Bilder den sinnlich-wahrnehm-
baren Bezug bekommen, den der Betrachter direkt rezipiert.

Dem geht sorgfältige Vorbereitung voraus: Über Monate entwickelt Schiela seine Bilder,

und Wochen bereitet er sie vor. Wie ein Expeditionsleiter begibt er sich  beispielsweise
auf ein Festival und fotografiert 200 – 300 Szenen im Hinblick auf Kompositionsstrategi-
en, um sie dann über Tage auf malerische Verwertbarkeit zu untersuchen und eine klei-
ne Auswahl herauszufiltern.

Mit der Technik der Aquarellmalerei gibt Thomas Schiela der wissenschaftlich anmuten-

den Vorgehensweise noch eine andere Wendung: indem er das Licht durch Auslassun-
gen aus dem Weiß der Leinwand bezieht, bekommt das Gemalte etwas Leichtes, Licht
durchwirktes und Schwebendes. Impressionistisch anmutend durchwirkt und formt ein
eher unpersönlicher Duktus die Szenerie und betont Augenblick sowie Oberfläche.